AUTOHAUS SchadenRecht 1-2019

die Versicherer. Der Geschädigte würde seine Entscheidungskompetenz darüber verlieren, was er denn nun mit seinem be- schädigten Fahrzeug macht. Denn die Alternative zur komplett sach- und fach- gerechten Reparatur, nämlich das Auszah- len des Schadens an sich, würde wegfallen. Das Landgericht Darmstadt lässt dem Ge- cherer aufgezeigt, wo Einsparmöglichkeiten bestehen, wie z. B. beim Verweis auf alter- native Reparaturwerkstätten. Der Schaden- aufwand des Versicherers ist also bei einem Geschädigten, der fiktiv abrechnet, im Re- gelfall deutlich geringer als bei einem Ge- schädigten, der konkret abrechnet. OLG Frankfurt wird LG-Urteil wieder einkassieren Wenn zukünftig die konkrete Abrechnung zunimmt, führt dies wiederum zu einem erhöhten Schadenaufwand. Doch es wird sich nicht lohnen, sehr lang über mögliche Folgen der Rechtsprechung des Landge­ richts Darmstadt zu philosophieren, denn diese Entscheidung wird exklusiv bleiben. Sie ist nicht rechtskräftig, wird aller Voraussicht nach vom Oberlandesgericht Frankfurt aufgehoben werden und zeigt lediglich auf, wie unvorhersehbar Recht­ sprechung sein kann. LG contra BGH-Entscheid ... Doch wie konnte das Landgericht Darm­ stadt überhaupt auf die Idee kommen, die fiktive Abrechnung zu beerdigen? Es stellt auf eine Rechtsprechung des Bundesge­ richtshofs vom 22.02.2018 zu Az. VII ZR 46/17 ab. Der für das Baurecht zuständige 7. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat – ausdrücklich begrenzt für werkvertragli­ che Ansprüche – den dort rechtlich veror­ teten sog. kleinen Schadensersatzanspruch nach §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB die fiktive Abrechnung nicht mehr zugelassen. Das Landgericht Darmstadt hat sich nun in seinem ersten Leitsatz sogar offen gegen diese Entscheidung gestellt und ent- schieden, dass die Aufgabe der Rechtspre- chung zur fiktiven Abrechnung sich ent- gegen der Auffassung des 7. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes nicht nur auf den dort genannten kleinen Schadensersatz beschränken würde. § 249 BGB„schnell mal übersehen“ ... Das Landgericht Darmstadt hat dabei je- doch übersehen, dass für den Umfang des Schadensersatzes nach einem Verkehrs­ unfall § 249 BGB ausdrücklich vorsieht, dass wegen der Verletzung einer Person oder Beschädigung einer Sache der Ge- schädigte statt der Herstellung den für eine Herstellung erforderlichen Geldbetrag ver- langen kann. Das Gesetz normiert also Hier kam es am 5. September 2018 zu dem eigensinnigen Ur- teil: das Landgericht Darmstadt amMathildenplatz Der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe will sich generell nochmals ausführ­ lich mit rechtlichen Fragen zur fiktiven Abrech- nung auseinandersetzen. Davor wird allerdings erwartet, dass bereits das OLG Frankfurt das Urteil des LG Darmstadt wieder aufheben wird. schädigten nur die Option, den Wert aus- gezahlt zu erhalten, um den das Fahrzeug durch den Schaden vermindert ist. Hieran wird der Geschädigte jedoch wenig Freude haben, da Streit darüber vorprogrammiert ist, wie hoch die Wertdifferenz zwischen einem Fahrzeug mit und ohne Schaden ist. Wenn hier bereits betrachtet wird, zu welch unterschiedlichen Ergebnissen verschiede- ne Berechnungsmethoden der merkantilen Wertminderung kommen, kann man sich vorstellen, wie groß der Streit umdieWert- minderung infolge eines Unfalles bei nicht beseitigtem Unfallschaden ist. Deutlich höherer Schadenaufwand für Versicherer Verlierer wären aber auch die Versicherer. Denn das „Einsparpotenzial“ ist beim Ver­ sicherer bei der fiktiven Abrechnung am größten. Allein schon wegen einer nicht beanspruchbaren Mehrwertsteuer ist das Schadenaufkommen um 19 Prozent ver­ ringert. Zudem hat der Bundesgerichtshof mit seiner zu kritisierenden Rechtspre- chung in den vergangenen Jahren im Be- reich der fiktiven Abrechnung dem Versi- 60 7/2019 AUTOHAUS SCHADENRECHT

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